Sonntag, 2. Oktober 2011

The Debt

The_Debt_PosterScarface reloaded. "The Debt" wird zum Tummelplatz für psychologisierend-undefinierte Dreiecksaspekte, die letztlich sogar zu einem Viereck werden, für - Achtung, Phrase! - Narben, die das Leben schrieb, für aufgegebene Träume und für einen Albtraum, den man sich selbst geschaffen hat. Helen Mirren spielt Rachel, eine in die Jahre gekommene Mossad-Agentin, von deren Leidenschaftlichkeit und Idealismus dreissig Jahre nach ihrer - vermutlich einzigen - Lüge nichts als stoische Ernsthaftigkeit übrig blieb.

Schuldig

Diese Lüge: geboren aus Angst und Wut. In der tristen DDR der späten 60er Jahre versuchen drei israelische Agenten, Dieter Vogel, einen wegen seiner NS-Versuche in Birkenau gesuchten Arzt - eine Mischung aus Mengele und Eichmann - zu fassen, in den Westen zu bringen und in Israel vor Gericht zu stellen. Soweit ist vordergründig der Plot schon erzählt. Regisseur John Madden machte daraus ein Vabanque-Spiel, bei dem die Bank ihre Verluste kaschiert.

Die Helden-Romantik

Diese Lüge: Rachel erschießt den Arzt bei einem Fluchtversuch. Die drei Agenten kommen nach Israel und werden trotz der vordergründig gescheiterten Mission als Helden empfangen. Rachel lebt von diesem Kredit ein halbes Leben, wird zu Talkshows eingeladen, wo sie ihre Version der Geschichte immer wieder erzählen darf und erlebt noch einen zusätzlichen Lebens-Höhepunkt, als ihre eigene Tochter die vermeintliche Helden-Geschichte der Mutter in Buchform auf den Markt bringt.

Die offene Rechnung

Diese Lüge: Sie zieht nicht nur die vom angeblichen Tod Vogels begeisterte anonyme Masse in ihren Bann, sondern sie signalisiert auch innerhalb der eigenen Familie Rachels, dass mit dem Abstand von 30 Jahren die Relation zu ihrer eigenen Unwahrheit verloren zu gehen droht. Also versucht sie letztlich, als gealterte Agentin, ihrer Tochter doch noch etwas zu geben, worauf diese stolz sein könne. Auch wenn das nicht aus ihrem eigenen Antrieb geschah - dafür musste sie sich erst der falschen Entscheidungen bewusst werden, die sie 30 Jahre zuvor wider besseres Wissen getroffen hat.

Sonntag, 10. April 2011

Rango

blog_rango02The Good, the Bad and the Chamaleon. Rango, ein Reptil mit Identitätskrise, eigentlich auf dem Weg, zum Shakespeare der Kleintierwelt zu werden, verschlägt es in ein Wüstenkaff, um dort mit seinem theatralischen Auftritt die anderen Kaff-Bewohner - Maulwürfe, Kröten und Gürteltiere - von dem im Chamäleon schlummernden Heldenmut zu überzeugen. Und während er die anderen überzeugt, verliert er schon bei seinem ersten Shoot-Out seinen Pistolen-Gürtel.

Für eine Handvoll Fliegen

Gore Verbinski, Regisseur der unverschämt erfolgreichen "Pirates of the Caribbean"-Filme, hat unverschämte Anleihen genommen, um aus Versatzstücken der "Dollar"-Trilogie, Referenzen an John Ford und Francis Ford Coppola eine Nacherzählung von Roman Polanskis "Chinatown" zu basteln. Der zynische Mann ohne Namen kommt in "Dirt", dem Westerndorf mit windschiefen Häusern und ohne Wasser, ebenso vor wie der Walkürenritt aus "Apokalypse Now" und das Hauptthema aus "Chinatown", nur dass John Huston diesmal von einer im rasanten Rollstuhl sitzenden Schildkröte dargestellt wird.

Chinatown im Wilden Westen

Der Kampf um Leben und Gemeinschaft, den Rango als Anführer letztlich mit all den heruntergekommenen "Dirt"-Bewohnern gegen die Kröte führt, ist nicht nur eine grandiose Wiederbelebung des Western-Genres, sondern vor allem eine Geschichte, die existenzielle Fragen aufwirft. Was natürlich für einen guten Humor-Pegel sorgt, wenn solche Fragen von mit faulen Zähnen kämpfenden Reptilien gestellt werden.

Lassen Sie Ihre Kinder zuhause

Zum Ende hat dann die ikonographische Figur des Fremden ohne Namen, der von Sergio Leone erfundene Revolverheld ohne Vergangenheit oder Zukunft, noch einen Cameo-Auftritt mit dem Chamäleon. Bis dahin hat Rango die Metamorphose vom umjubeleten Sheriff bis zum aus der Stadt gejagten Betrüger hinter sich. Wie all diese Witze rund um den Schrecken der Stadt, Rattlesnake-Jake - wieder eine Polanski-Anspielung - , über die gesellschaftspolitische Relevanz, vom philosophisch angehauchten Tiefgang bis hin zu den moderierenden Mariachi-Rockenden Eulen für Kinder verständlich sein soll, bleibt fraglich.

Samstag, 19. März 2011

True Grit

True-GritGewalt, Ironie und Zahnprobleme, die vom Mann im Bärenfell behoben werden. "True Grit", der Neo-Western von Joel und Ethan Coen, ist eine Parabel über die Kommunikations-Unfähigkeit der alternden Schießdrauf-Helden und ihre Schwierigkeiten gegenüber einer die Zukunft verheißenden Kommunkationsfähigkeit, die in Form einer 14-jährigen mit ihrer Bockig- und Hartnäckigkeit und mit ihren Bibel-Zitaten die Strukturen der nicht mehr zeitgemäßen Frontier des Westens aufbricht.

Wo ist die Heimat?

Drei Jahre nach "No Country For Old Men", als die Regisseure die Normen des Westerns ins 21. Jahrhundert verfrachteten, haben sich die Coens jetzt der Ur-Form der tradierten Auseinandersetzung mit der Historie der Heimat angenommen. Als Vorlage diente Charles Portis´ gleichnamiger Roman, der auch schon als Schablone für das John Wayne-Starvehikel "Der Marschall" diente. Aber im Gegensatz zu Henry Hathaway stellen die Coens Mattie Ross und ihren unbeirrbaren Glauben an Gott und den Tod als einzig annehmbare Form der Rache in den Mittelpunkt.

"Mach mir das Kalb"

Die Entwurzelung der Figuren - eine 14-jährige, weit weg von zu Hause, die eine Menschenhatz mit der Jagd nach Waschbären vergleicht, ein mehrfach kaputter Marschall und ein unbeholfener und später einarmiger Texas Ranger, der sich dank seiner eingebildeten Rhetorik schnell in die Rolle eines Oper-Typus gedrängt sieht. Hinzu kommen, Coen-typisch, allerhand skurill-komische Figuren wie etwa ein im Bärenfell umherziehender, selbsternannter Mediziner und Dentist, der Leichen sammelt, ein Kaufmann mit Angst vor kaufmännischen Verhandlungen oder einer der Gauner, der auf seine eigene Weise mit der Umwelt kommuniziert: indem er nur Tier-Stimmen imitiert. "Mach mir das Kalb".

Das Kammerspiel

Mit jedem Schritt der Pferde weiter hinein ins Indianer-Gebiet, wo Mattie den Mörder ihres Vaters sucht, wird die Zweckgemeinschaft trotz der manchmal gezeigten Weiten zu den Protagonisten eines Kammerspiels, die an die eigenen Grenzen gehen müssen. Der Western wird auf ein Spannungsfeld zwischen den drei Charakteren heruntergebrochen, die ihre Kommunikations-Lust und -Unlust rund um die Frage nach einer möglichen Gerechtigkeit im Kreis führt. Bis zum Showdown - bei dem sich alle drei Figuren wechselseitig auf die Sprünge helfen müssen, um zu überleben.

Mittwoch, 2. Februar 2011

Black Swan

black-swan_posterSo sieht es aus, wenn der Horror im Plüschrock antanzt. Darren Aronofsky hat mit "Black Swan", einer Mischung aus Psychodrama, Schocker und Thriller, aber nicht etwa Originäres produziert, sondern sein Bilder-Maschinengewehr mit Plattitüden gefüttert, um die Zuschauer mit einer Geschichte zu unterhalten, die im besten Fall noch als "Schwarz-Weiß-Zeichnerei" bezeichnet werden kann.

Ballett-Plattitüden

Eine Tänzerin, die sich selbst auf Perfektion drillt, nachdem ihre vom Kontrollwahn zerfressene Mutter (Barbara Hershey als absolut unsubtile und furchteinflößende Daseins-Dominatorin) ihr Leben auf die große Solo-Rolle ausrichtet und sie kontrolliert, was sogar inkludiert, dass die Mutter ihre Tochter an- und auszieht. Dutzende rosa Plüschtiere, eine Torte, die aus Angst vor Kalorien dem Müll geweiht ist und eine Spieluhr mit einer Ballett-Tänzerin neben dem Bett runden das Bild einer Ballett-Abgedroschenheit auf fast schmerzhafte Weise ab.

Asthma für Fortgeschrittene

Natalie Portman wiederum gibt eine Ballerina im emotionalen Leerlauf, deren Anstrengungen, neben dem weißen auch den schwarzen Vogel in einer neuen Schwanensee-Inszenierung abzuschießen, in einer Psychose mit gelegentlich auftretenden Paranoia-Einschüben enden. Ihre Anstrengungen wiederum, all die Ziele zu erreichen, die ihre Mutter für sie gesetzt hat, sind mit einem chronischen Keuchen verbunden; Portman hechelt durch den Film wie eine schwer Asthma-Kranke, die ein Inhalator nur bei den Proben stören würde.

Orgiastisch

Was mit der einzig relevanten Pointe des Films, die Manipulation durch Sex, einen sehr skurillen Gegensatz bildet. Aber wenn die Frigidität überhand nimmt und die dunkle Seite der Seele, wie sie Aronofsky zeigen wollte, sich in erotischen Fantasien erschöpft, die sich letztlich als nicht wahr herausstellen, dann bleibt die einzige Frage bis zum Ende: wird die Hauptdarstellerin noch einen Höhepunkt erleben oder nicht?

Mittwoch, 5. Januar 2011

The Tourist

The_Tourist_Poster Man sollte ja immer vorsichtig sein mit Urteilen, die mit dem Attribut "dieses Jahres" enden. Nicht nur, wenn man solch ein Attribut im Dezember verleiht, sondern natürlich besonders, wenn man geneigt ist, dieses Urteil schon Anfang Jänner zu fällen. Aber auch auf die Gefahr hin, für eine vorschnelle Kategorisierung eines Films "dieses Jahres" gebrandmarkt zu werden, stelle ich die - aus meiner Sicht kaum sehr gewagte - Behauptung auf, dass "The Tourist" als das schlechteste Movie 2011 in die filmkulturelle Historie eingehen wird.

Die unauffindbare Chemikalie

Jetzt müssten wir natürlich daran gehen, diese Aneinanderreihung schöner Venedig-Bilder mit der schönen Angelina Jolie im Detail zu sezieren, um diese "dieses Jahres"-Plattitüde rechtfertigen zu können. Ganz ehrlich: es ist mir fast leid darum. Jolie stolziert durch Venedig wie eine affektierte und selbstverliebte Darstellerin eines B-Movies in einem A-Setting. Von "Schauspiel" kann keine Rede sein. In rund 90 Minuten schafft sie es grade mal, zwei Mal ihre Gefühle mittels ihrer Physiognomie zu vermitteln. Ansonsten trägt sie eine starre Maske. Was natürlich auch nicht grade das große Kribbeln erzeugt, wenn Jolie und Johnny Depp in romantischer Umgebung romantisch zu werden versuchen: die fehlende Chemie hat den kleinen Funken, der bei der ersten Begegnung noch zu sehen war, ganz schnell gelöscht.

Postkarten-Venedig

Aber nicht nur diese vermeintliche Beziehung kommt nicht in Gang, die ganze Story ist, um es euphemistisch zu umschreiben, in seinem Sinn nicht ganz erschließbar. Aber vielleicht wollte Regisseur Florian Henkel von Donnersmarck auch nur auf die Schlußpointe vorbereiten, die den Film dann von der "Fast-noch-Glaubwürdig"-Kante endgültig in den Abgrund stieß. Der Film ist weder lustig - was bei einer so betitelten "Agenten-Komödie" im Grunde schon zu erwarten gewesen wäre - noch narrativ noch schauspielerisch in irgendeiner Art gelungen. Vielleicht mit Einschränkungen abgesehen von Johnny Depp, dessen Selbstironie wenigstens für den einen oder anderen Schmunzler sorgt. Und was wollte uns von Donnersmarck mit dem glanzvollen Bild von Venedig zeigen? Dass es abseits von Touristenströmen, dreckigen Kanälen und Müllbergen in den Gassen auch eine andere Stadt gibt? Geschenkt.

Wertigkeit

Uninspiriert, hüftsteif und altbacken. Hätte ich jetzt eine Wertigkeitsskala von, sagen wir, eins bis 10, so würde der Film eine zwei bekommen. Die unterste Stufe ist für Filme wie "Titanic - Teil 2" und "Die Rückkehr der Killer-Tomaten" reserviert.

Donnerstag, 26. August 2010

Inception

Inception-2010-Mehrere Träume, einige Schichten Unterbewusstsein und dutzende Erzählebenen: wer bei Inception am Ende noch weiß, was sich in welcher Traumebene zugetragen hat, ist entweder Magier oder er heißt Christopher Nolan. Der Regisseur musste sich sogar von seinem Darsteller-Häuptling Leonardo DiCaprio sagen lassen, dass dieser keinen Durchblick hat. Eine Falle aus Illusionen und Täuschungen.

Matrix incepted

Analog zum ersten Teil der Matrix-Trilogie spielt sich Nolan mit Superzeitlupen und einem philosophisch angehauchten Überbau einer Geschichte über Jäger und Gejagte. Der Plot ist im Grunde simpel: Cobb (DiCaprio) und sein Team müssen in das Unterbewusstsein eines Industriellen-Erben die Idee einpflanzen, sodass dieser den Konzern nicht weiterführt. Der bildgewaltige Überbau, der quasi das Urvertrauen in die eigenen Augen zu erschüttern versucht, die perfekt gesetzte Musik und die Mixtur aus Fiktion und Realität machen Inception zu einer Art Abenteuer für visuelle Freaks.

Vorbildlos

Städte klappen zusammen, am Strand bröseln ganze Stadtteile ins Meer, poetisch wie Springbrunnen erscheinende Explosionen, mitten in der hochtechnologisierten Blade Runner-Downtown erscheint ein Knusperhäuschen Marke 18. Jahrhundert. Das Vertrauen, die eigenen Träume von der Realität zu unterscheiden, wird in Cobbs Fall zum Vertrauen in einen Kreisel: wenn dieser seine Bewegung nicht unendlich fortsetzt, träumt er nicht. Das eigene Leben wird so zu einem Teil der Träume, der kaum noch vom Unterbewusstsein zu unterscheiden ist.

Something of everything

Der Film hat Elemente aus Action-, Gangster- und Heist-Movies und trotzdem auf beuunruhigende Art kein Vorbild. Nolan zerrt den Zuschauer durch vier (oder waren es fünf) Traumebenen und hat doch den Ariadne-Faden parat: in Form von Ariadne nämlich, die als Neuling in Cobbs Team jene Fragen stellen darf, die einem als Zuschauer durch das Unterbewusstsein schießen.

Donnerstag, 3. Juni 2010

Die Schachspielerin

die_schachspielerin_plakat_1Die Dame ist die stärkste Figur - Sandrine Bonnaire, die Vorzeigefrau französischer Autorenfilme, hat zu Beginn von Caroline Bottaros Film "Die Schachspielerin" weder Selbstvertrauen noch Anmut noch Motivation. Hélène wurde durch die Liebe zu ihrem Mann zur Manövriermasse ihres eigenen Lebens, als sie nach Korsika ging und hier Putzfrau und Bedienerin spielt. Quasi der Bauer im Schachspiel der Mächte, eine kleine Figur, nicht zu vernachlässigen zwar, aber auch der erste Teil, an den man denkt, wenn es darum geht, etwas zu opfern.

Die Arbeiterin als Strategin

Sie hat sich selbst geopfert- und das steht ihr nicht gut. Sandrine Bonnaire war authentisch als Johanna von Orleans, als Prostituierte mit einer Portion Abgeklärtheit oder auch als Mörderin. Sie ist auch als Putzfrau umgeben von einer scheinbar unbezwingbaren Aura melancholischer Einsamkeit - aber als Putzfrau ist sie ebenso eindeutig eine Fehlbesetzung. Und die Metamorphose von der genügsamen Hausfrau, Mutter und Arbeiterin hin zur fast bourgeoisen Strategin hinter dem Schachbrett gelingt ihr mit Mühelosigkeit, die argwöhnisch macht.

Der Rösselsprung

Aber, trotz allem, man sieht Sandrine Bonnaire mit Genuss dabei zu, wie sie mit einem Rösselsprung, der ihr so einfaches Leben verkompliziert, die Grenzen zwischen den Klassen überwindet und ihre Putzfrau zur Dame wird, die erst ihren kauzigen Lehrer (Kevin Kline als spröder Amerikaner) matt setzt, bevor sie mit dem ersten Turnier, bei dem sie im Endspiel den Adel vorführt, in die Großmeisterklasse aufsteigt.

Coming-of-age

Großartige Bilder, eine erstklassige Besetzung und eine zerklüftete Landschaft formen einen Bilderteppich für einen coming-of-age-Film, bei dem die Hauptdarstellerin aus ihrem Alter heraustritt und wieder lernt, eine spielerische Leichtigkeit zu entwickeln. Als Hélène und ihr Lehrer am Ende eine offene Partie ohne Brett spielen, hat sie die Erotik und die Kommunikation des Spiels gefunden, die sie am Beginn zu dieser Leidenschaft hingeführt hat. Und jetzt hat die Dame die Dominanz.

Mittwoch, 31. März 2010

The Ghostwriter

The-Ghost-Writer-PlakatBildRoman Polanski, polnisch-französischer Autor im schweizerischen Hausarrest aufgrund von US-Anschuldigungen, dreht einen Film über einen britischen Politiker, der an der Ostküste spielen soll, auf deutschen Nord- und Ostseeinseln. So weit, so undurchschaubar. Ebenso wenig transparent sind die Figuren in dieser nach einer Roman-Vorlage von Robert Harris umgesetzten Inszenierung, in der sich die Eiseskälte windiger Inseln mit jener windiger Politiker und Polit-Berater zu einem Gefrier-Koglomerat zusammenfügt, dessen Umsetzung einem Kammerspiel gleichkommt.

Das Haus am Meer

Dass die Figur des ehemaligen britischen Premiers Adam Lang in "The Ghostwriter" Tony Blair aus dem Gesicht geschnitten ist, ist zum einen Pierce Brosnan zu verdanken, andererseits der Kooperation von Polanski mit Harris bei der Drehbuch-Gestaltung; der Bestsellerautor hatte sich mit seinem ehemaligen Freund Blair ob dessen devoter Mitarbeit am US-Krieg gegen den Terror überworfen. Und Lang hat auch eine Parallele zum Regisseur: ebenso wie Polanski ist auch Lang im Exil und sieht sich mit Vorwürfen konfrontiert, die in eine unaufhaltsame Gerichts- und Medienmaschinerie münden. Also zieht er sich zurück, Lang ebenso wie Polanski, um nicht nur sicher zu sein, sondern auch seine Memoiren fertig zu stellen. In einem Haus am windigen Meer, das auf Martha´s Vineyard liegen soll - Verweis auf die Eingangs-Erwähnung.

Klaustrophobie für alle

Mit dem Eintreffen von Lang und seiner Entourage inklusive dem frischen Ghostwriter - Ewan McGregor als geerdeter, unaufgeregter und zu Beginn noch von britischer Ironie und der Aussicht auf eine Wagenladung Geld beseelter Schreiberling - verdüstert sich die Lage im Haus. Während draußen die Medien mit allem Trara auffahren, das ihnen zur Verfügung steht, und Anti-Kriegs-Demonstranten Lang an den Galgen wünschen, kumuliert im Inneren die Stimmung zu einer unwirklichen Atmosphäre aus Paranoia, Klaustrophobie und einem spannenden Einblick in die irreale, abgeschottete Welt der Welt-Mächtigen.

Referenzen

Mehr wird hier über die Handlung nicht verraten. Was auffällig ist, sind die zahlreichen Querverweise der Regie. Nicht nur referenziert Polanski bei "Chinatown", etwa mit dem chinesischen Gärtner, sondern er hat auch einige immer wiederkehrende Hitchcock-Analogien verwendet. Kim Cattrall etwa spielt die kühle Blondine - wiewohl sie hier eher nur dazu da ist, gleichzeitig verführerisch und verschlossen mit dem Hintern zu wackeln. Wenn McGregor den GPS-Ansagen in seinem Auto folgt, sieht es aus wie James Stewart, der in "Vertigo" Kim Novak durch San Francisco folgt. Und die Verfolgung des Ghostwriters gegen Ende hin scheint angelehnt an die Jagd nach Cary Grant in "Der unsichtbare Dritte". Die reale Welt Polanskis erschöpft sich in den engen Grenzen seines schweizer Chalets - seiner nackten und schnörkellosen Sicht auf die Film-Welt tut das keinen Abbruch.

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