Yojimbo - Der Leibwächter

yojimboJapan hat sich mehrere Jahrhunderte lang bemüht, seinen Ehrenkodex zu unterfüttern. Egal, ob mit der ehrenhaften Fleischzerschneidung Seppuku oder dem Ethik-Katalog der Samurai, dem Hagekura. Dafür, dass der Einzug der Neuzeit in die tradierte japanische Gesellschaft - zumindest für die zeitgenössischen Kinogeher - mit einer Farce begann, dafür sorgte alleine Akira Kurosawa. Sein 1961 entstandener "Yojimbo" erzählt eine Geschichte, in der all das großartig gepflegte, großartige Image Japans in 107 Minuten Harakiri begeht.

Die abgehackte Hand

Toshiro Mifune als umherziehender, sich ständig am Rücken kratzender Ronin, ist so eine Art aus der Zeit gefallenes Relikt des mittelalterlichen Japan, das sich mit allerlei allzu menschlichen Mitteln durchs Leben schlägt. So hat der Großmeister der Samurai nicht nur Gerechtigkeitssinn in seiner Schwerterscheide, sondern auch Zynismus und Grausamkeiten sonder Zahl. Wobei letzteres eher eine Reaktion auf die neue Situation ist - in Yojimbo gleich mal effektvoll vorgestellt, indem Kurosawa einen Hund durch eine leere Dorfstraße jagt - mit einer abgehackten Menschenhand im Maul.

Die Karikatur eines Landes

Das Dorf besteht dabei nur aus einer Straße, aus einer finsteren Straße, dessen Dunkelheit sich durch den kompletten Film zieht. Schwarz ist die Nacht, schwarz ist die Zukunft Japans. So. Diese Straße ist Schauplatz eines Clash of Anti-Cultures, in dem zwei Familien sich mit Glücksspiel und angeheuerten Söldnern gegenseitig zu vertreiben/dezimieren/massakrieren versuchen. Der pessimistische Grundton des Films wird von Kurosawa mit den Unzulänglichkeiten der beiden Clan-Chefs und ihrer Gefolgschaft konterkariert, die Dinge tut und Sätze sagt, die teilweise eine völlig-von-der-Rolle-Charakterisierung hervorrufen.

Der Fleisch-Klopfer

Leuchtendes Beispiel ist der Bruder von Clan-Führer Ushitora, Inokichi, bei dem Überbiss und Übermut eine seltene Gemeinsamkeit eingehen. Höchst unterhaltsam auch der James-Bond-Der-Beißer-Verschnitt - ein Riese, der mit einem überdimensionierten Schnitzel-Klopfer in den Kampf zieht. In einen Kampf, der auch der Regiefeder Buster Keatons entspringen hätte können: Kurosawa scheint mit Genuss in den Wunden der japanischen Traditionen zu stochern, wenn er die beiden Familien auf die Straße schickt, waffenstrotzend und mit bösen Blicken, und beide Seiten mit der zwei-Schritte-vor-ein-Schritt-zurück-Taktik ihre eigene Kriegslust mit ihrer eigenen, wenig ehrvollen Angst vor der Konfrontation kommentieren. Sanjuro hat sich inzwischen auf den Glockenturm gesetzt und meint zum "Showdown", der letztlich ohne einen vergossenen Blutstropfen endete: "Interessant."

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